Im Hinblick auf die Beratung im Grossen Rat hat sich die Finanzkommission (FiKo) intensiv mit der Nutzerstrategie Inforama befasst. Das Inforama ist das Bildungs- und Beratungszentrum für Landwirtschaft im Kanton Bern. Aktuell ist es auf sieben Standorte im ganzen Kanton verteilt. Bis etwa 2040 soll es auf die drei Standorte Rütti (Zollikofen) als Zentrum, Seeland (Ins, Schwerpunkt Gemüseanbau) und Berner Oberland (Hondrich Spiez, Schwerpunkt Alp- und Berglandwirtschaft) konzentriert werden. So soll das Inforama ein klares Profil erhalten und sich als moderne und zukunftsfähige Bildungsinstitution positionieren. Die vier Standorte Oeschberg (Koppigen), Waldhof (Langenthal), Bäregg (Langnau) und Schwand (Münsingen) sollen aufgegeben werden. Das 1. und 2. Jahr der Grundbildung zum Landwirt / zur Landwirtin und die landwirtschaftliche Beratung sollen aber weiterhin auch dezentral angeboten werden.
Die FiKo begrüsst die Erarbeitung einer neuen Nutzerstrategie. Sie anerkennt auch die positiven Ansätze zur Weiterentwicklung und Stärkung des Inforamas. Sie kommt jedoch zum Schluss, dass die vom Regierungsrat vorgelegte Nutzerstrategie umfassend überarbeitet werden muss. Sie kritisiert sowohl das Vorgehen als auch inhaltliche Punkte des Berichts. Deshalb beantragt sie dem Grossen Rat, die Nutzerstrategie zurückzuweisen, verbunden mit neun Auflagen (siehe Kasten)
Anspruchsgruppen besser einbeziehen
Die Nutzerstrategie wurde praktisch ausschliesslich verwaltungsintern und durch das Inforama erarbeitet. Die vielen Anspruchsgruppen wie der Schulrat, der Bauernverband oder die Standortgemeinden wurden nicht oder nur ungenügend einbezogen. Die Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektion argumentierte, dass sie in einem ersten Schritt eine betrieblich und räumlich optimale Strategie für die Zukunft und Weiterentwicklung des Inforamas erarbeiten wollte, was die Kommission jedoch nicht überzeugte. Sie fordert, die Anspruchsgruppen prominent in die Überarbeitung einzubeziehen.
Strategie muss geschärft werden
Inhaltlich ist die Nutzerstrategie mit einem Zeithorizont bis in die 2040er Jahre langfristig ausgerichtet. Deshalb bleiben viele Punkte vage. Die FiKo fordert Nachbesserungen. Durch die Konzentration der Standorte werden Liegenschaften frei und es drohen teure Leerstände. Zu möglichen Nachnutzungen fehlen in der Strategie jegliche Aussagen. In der Überarbeitung ist die kantonale Immobilienstrategie zu berücksichtigen. Weiter sind ein Mobilitätskonzept zu erarbeiten und die Vorteile der Konzentration der Standorte für die verschiedenen Berufsgruppen aufzuzeigen. Es braucht auch zusätzliche Aussagen dazu, wie sich die Landwirtschaft bis in 20 Jahren verändern wird, beispielsweise wegen des Klimawandels, und zu den Auswirkungen auf die Aus- und Weiterbildung inklusive Infrastruktur.
FiKo empfiehlt Bericht zu ICT-Investitionen zur Kenntnisnahme
Als weiteres Geschäft hat die FiKo den Bericht «Effizienzgewinne aufgrund der ICT-Investitionen. Umsetzung der Motion 100-2021 FDP (Reinhard, Thun) ‘Informatikoffensive des Kantons Bern – Konsequenzen für den Stellenplan’» vorberaten. Sie beantragt dem Grossen Rat, vom Bericht Kenntnis zu nehmen.
Mit der Eigentümerstrategie Inforama und dem Bericht zu den ICT-Investitionen befasst sich der Grosse Rat in der Herbstsession 2023.
Bericht Nutzerstrategie Inforama – Rückweisung mit Auflagen
Antrag auf Rückweisung mit folgenden Auflagen:
- In die Überarbeitung sind sämtliche Anspruchsgruppen, namentlich die Branche (u.a. Bauernverband), der Schulrat und die Standortgemeinden, als aktiv Projektbeteiligte einzubinden und in der Projektorganisation abzubilden. Ebenfalls angemessen zu berücksichtigen sind je nach Standort die Berufsfachschulen, die Fachhochschule (BFH-HAFL) und Agroscope. Einzubeziehen sind ferner mögliche überkantonale Bildungskooperationen.
- Die zu überarbeitende Nutzerstrategie zeigt auf, wie sie sich zu den Zielen der kantonalen Immobilienstrategie 2019 verhält – insbesondere misst sie die Investitionskosten und den Land- und Ressourcenverbrauch.
- Es ist aus gesamtstaatlicher Sicht aufzuzeigen, welche Nachnutzungen (inkl. Devestitionen) für die freiwerdenden Liegenschaften angestrebt werden und welches die zu erwartenden Kosten sind.
- Es ist ein Mobilitätskonzept für alle geprüften Varianten auszuarbeiten und im Bericht abzubilden.
- In der Nutzerstrategie ist darzulegen, wie die Umsetzung der Strategie eine praxisnahe, zukunftsgerichtete und qualitativ hochstehende Ausbildung in den einzelnen Berufsgruppen ermöglicht.
- Die Nutzerstrategie ist mit einem längerfristigen Ausblick zu ergänzen. Darin sind insbesondere mögliche Entwicklungen in der Ausbildung, der Einfluss des Klimawandels und weitere Megatrends zu berücksichtigen (Ausbau des bestehenden Kapitels 5).
- Standort Schwand: Bei der Evaluierung der Räumlichkeiten ist die Möglichkeit eines allfälligen Mieterausbaus für weitere Inforama-Nutzungen oder für anderweitige Bildungsangebote wie namentlich die Überbetrieblichen Kurse zu prüfen (u.a. im Hinblick auf den Heimfall im Jahr 2058).
- Die ohnehin vorgesehenen und nicht direkt von der Nutzerstrategie abhängigen Investitionen werden wie geplant umgesetzt.
- Bei Konzentrationen, bzw. der Schaffung von Kompetenzzentren sind auch andere Standorte als die Rütti zu prüfen (z.B. für Hauswirtschaft oder Überbetriebliche Kurse).