Personen, die nach einem abgelehnten Asylgesuch rechtskräftig weggewiesen worden sind, sind gesetzlich verpflichtet, die Schweiz zu verlassen. Das sieht die Asylgesetzgebung des Bundes verbindlich vor. Sie sind weder verfolgt noch schutzbedürftig und können in ihr Heimatland zurückkehren. Bis zu ihrer Ausreise haben weggewiesene Personen bei Bedarf lediglich Anrecht auf Nothilfe. Die Ansätze werden von den Kantonen festgelegt. Die Nothilfeleistungen liegen unter denjenigen der Asylsozialhilfe und beschränken sich von Gesetzes wegen auf das verfassungsrechtliche Minimum. Sie dienen dazu, die Kosten für Nahrung, Kleidung und Hygiene zu decken. Zusätzlich übernimmt der Kanton die Krankenversicherungsprämie und stellt Übernachtungsmöglichkeiten in einer Kollektivunterkunft zur Verfügung. Andere Sachmittel übernimmt er bei dringendem und nachgewiesenem Bedarf.
Neu im schweizerischen Durchschnitt
Bislang richtete der Kanton Bern im Rahmen der Nothilfe acht Franken pro Person und Tag an mittellose ausreisepflichtige Personen aus. Mit der nun vom Regierungsrat beschlossenen Erhöhung auf zehn Franken pro Person und Tag liegt die Nothilfe im Kanton Bern im schweizerischen Durchschnitt. Eine Erhöhung der Nothilfe für Familien mit Kindern hatte unter anderem die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter in ihrem Bericht zur Überprüfung der Rückkehrzentren des Kantons Bern vom 30. November 2021 empfohlen.
Kosten für Kanton und Gemeinden sind vertretbar
Die Erhöhung der Nothilfe von acht auf zehn Franken pro Person und Tag bringt zusätzliche Kosten von aktuell zirka 400'000 Franken pro Jahr mit sich. Diese Kosten tragen der Kanton und die Gemeinden je zur Hälfte. Die Gemeinden wurden über den Verband Bernischer Gemeinden (VBG) zur geplanten Erhöhung der Nothilfe befragt. Der VBG unterstützt das Vorhaben.
Nothilfe auch bei Privatunterbringung
Bislang wurde die Nothilfe im Kanton Bern nur an Personen ausgerichtet, die in den kantonalen Asylstrukturen untergebracht waren. Mit der am 9. März 2022 beschlossenen Änderung des Einführungsgesetzes zum Ausländer- und Integrationsgesetz sowie zum Asylgesetz (EG AIG und AsylG) hat der Grosse Rat die gesetzliche Grundlage geschaffen, damit unter gewissen Bedingungen künftig auch Nothilfe an mittellose abgewiesene Asylsuchende ausgerichtet werden kann, die bei Privaten untergebracht sind. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen werden am 1. November 2022 in Kraft treten.
Ausreiseverpflichtung bleibt bestehen
Die beschlossenen Massnahmen bei der Nothilfe ändern nichts daran, dass rechtskräftig weggewiesene Personen zur Ausreise verpflichtet sind. Ein Grossteil der Betroffenen verlässt die Schweiz selbständig. Die Kantone vollziehen die Wegweisungen nötigenfalls – und sofern rechtlich und technisch möglich – zwangsweise. Der Vollzug der Wegweisung ist ein wichtiger Bestandteil eines glaubwürdigen und funktionierenden Asylwesens.