Der Fachkräftemangel ist für viele Schulen im Kanton Bern auch in der Vorbereitung auf das neue Schuljahr hin eine grosse Herausforderung. Derzeit sind – wie bereits im Vorjahr zum gleichen Zeitpunkt – rund 30 unbefristete Stellen mit Stellenantritt im August auf dem Stellenportal ausgeschrieben. Bei unbesetzten Stellen zum Schuljahresbeginn nehmen die Schulen mit dem zuständigen Schulinspektorat Kontakt auf. Dieses unterstützt sie bei der Erarbeitung einer individuellen Lösung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es an einzelnen Schulen zu temporären Klassenzusammenlegungen kommt.
Gemeinsam erarbeitete Massnahmen
Die Zusammenarbeit der Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) mit dem Verband Bernischer Gemeinden, Bildung Bern, dem Berufsverband Schulleitungen Bern sowie den Pädagogischen Hochschulen ermöglicht es, laufend und situationsgerecht neue Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel zu entwickeln. Seit mehreren Jahren erarbeitet die BKD gemeinsam mit den Verbänden laufend Verbesserungen und Massnahmen zum Personalerhalt und zur Neurekrutierung von Lehrpersonal. Die Aus- und Weiterbildungen an der PHBern sowie der NMS werden laufend angepasst und weiterentwickelt. So führte die PHBern unter anderem Sommer-Camps zur Vorbereitung von Unterrichtenden ohne Lehrdiplom durch. Diese finden aufgrund der grossen Nachfrage auch nach den Sommerferien weiterhin statt. Damit sollen die Unterrichtsqualität erhöht sowie die Schulleitung und das Kollegium entlastet werden. Zudem finden auch für Wiedereinsteigende in den Lehrberuf spezifische Workshops statt.
Klassenlehrpersonen werden unterstützt
Die BKD beabsichtigt, in Absprache mit den Verbänden nächste Schritte bei den Anstellungsbedingungen in mehreren Stufen anzugehen. Dazu beginnt demnächst eine Konsultation zu den vorgesehenen Änderungen in der Verordnung über die Anstellung der Lehrkräfte. Zunächst sollen die Neuerungen, die mittels Notrecht eingeführt wurden, in ordentliches Recht überführt werden. So hat sich zum Beispiel die Möglichkeit bewährt, Mentorate für Berufseinsteigende, Wiedereinsteigende sowie Studierende durchzuführen. Diese Massnahme soll definitiv eingeführt werden. Als Notmassnahme wurde es belasteten Klassenlehrkräften ermöglicht, eine zweite Wochenlektion abzugelten. Anstelle dieser Entlastungslektionen sind nun eine Anstellung von fünf Prozent und eine monatliche Funktionszulage vorgesehen. Sowohl die Anstellungsprozente als auch die Höhe der Funktionszulage sollen für alle Bildungsstufen gleich ausfallen. Damit sollen die Klassenlehrpersonen in ihrer Funktion gestärkt werden. Sie bilden gemeinsam mit den Schulleitungen das pädagogische Fundament der Schulen. Als mittel- bis langfristige Massnahme prüft die BKD eine Erhöhung der Gehaltsklasse für Lehrpersonen in der Volksschule.
Schulleitungen im Fokus
Die Schulleitungen stehen im Zusammenhang mit dem Lehrpersonenmangel unter besonderem Druck. Deshalb sind Massnahmen zu deren Entlastung ebenfalls sehr wichtig. Mit erweiterten Schulsekretariaten können Gemeinden die administrative Belastung der Schulleitung reduzieren. Die BKD bietet Schulleitungen seit kurzem an, Kurzurlaube für die Konzeptarbeit betreffend Schulorganisation zu nehmen. Die Kosten für die Stellvertretungen tragen ab dem ersten Tag je nach Tätigkeitsbereich die Gemeinde oder der Kanton.
Damit erhalten Schulleitungen Zeit, sich mit einer neuen Organisation ihrer Schule auseinanderzusetzen. Bereits gibt es mehrere Gemeinden, die den Lehrpersonenmangel an ihrer Schule reduzieren konnten, indem sie ihre Schulorganisation angepasst haben. Mittels einer digitalen und allen Schulen zugänglichen Pinnwand können sich die Schulen über Ideen und Konzepte austauschen.
In einem weiteren Schritt ist vorgesehen, die Anstellungsprozente für die Schulleitungen der Volksschule wesentlich zu erhöhen. Damit einhergehend wird sich auch der Pool für Spezialaufgaben vergrössern. Damit wird auf die gestiegenen Anforderungen an die Schulleitungen und Spezialfunktionen reagiert.
Neue Massnahmen zur Personalgewinnung
Mit einer Imagekampagne, die in Erarbeitung ist, wird ab Herbst gemeinsam mit einem Dutzend weiterer Kantone in der Öffentlichkeit für den Lehrberuf geworben. Die Infoveranstaltungen für Quereinsteigende werden nach der erfolgreichen Durchführung mit vielen Interessierten auch in diesem Schuljahr im ganzen Kanton weitergeführt. Die entsprechenden Angebote der Pädagogischen Hochschulen zum berufsbegleitenden Studium – inklusive flankierende Unterstützung durch den Kanton mit Bildungsurlauben – werden laufend weiterentwickelt.
Die PHBern bietet ab Oktober 2023 zudem einen (berufsbegleitenden) CAS für Lehrpersonen mit ausländischem Lehrdiplom an. Der einjährige Lehrgang vermittelt den Teilnehmenden Grundkenntnisse des Schweizer Bildungs- und Schulsystems und bietet ihnen die Möglichkeit, ihre fachlichen und überfachlichen Kompetenzen, die für ihre Tätigkeit an Schweizer Volksschulen relevant sind, zu stärken und zu erweitern.
Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler ist leicht gestiegen
Die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen an den öffentlichen Kindergärten und Volksschulen des Kantons Bern ist im neuen Schuljahr etwas höher als im vergangenen. Es dürften rund 111 400 Schülerinnen und Schüler sein (Schuljahr 2022/23: 110 400). Diese verteilen sich auf 444 Schulen mit insgesamt 1110 Schulstandorten. Im französischsprachigen Kantonsteil besuchen auf das neue Schuljahr hin insgesamt rund 9600 Schülerinnen und Schüler die Volksschule.
Von den 111 400 Schülerinnen und Schülern beginnen rund 10 000 ihre Volksschulzeit im Kindergarten. Rund 10 600 Schülerinnen und Schüler werden das erste Schuljahr besuchen.
In den besonderen Volksschulen des Kantons Bern werden rund 3500 Schülerinnen und Schüler in 78 Trägerschaften mit 100 Standorten unterrichtet.
Bereits umgesetzte Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel
- Anhebung der Gehaltsklasse für das Lehrpersonal auf der Primarstufe
- Bereits seit Längerem unterstützen zwei Mitarbeitende im Amt für Kindergarten, Volksschule und Beratung die Schulleitungen bei der Stellenvermittlung
- Die digitale Stellenvermittlungsplattform wurde an die aktuellen Bedürfnisse der Schulen angepasst
- Aufrufe an pensionierte Lehrpersonen, Studierende der PHBern, Kunstschaffende, an den akademischen Mittelbau der Universitäten und der Fachhochschulen sowie an Musikschullehrpersonen
- Plattform für Studierende, die sich für kurzfristige Stellvertretungen interessieren
- Finanzierung einer Vermittlungsstelle an der PHBern
- Viele PH-Studierende mit Pensen als Lehrpersonen
- Einführung eines berufsbegleitenden Studiengangs für Primarstufenlehrpersonen
- Ausweitung der Klassenhilfe-Einsätze auf alle Stufen der obligatorischen Schule
- Zweite Entlastungslektion für Klassenlehrpersonen in Absprache mit Schulleitungen möglich
- Kurse für wiedereinsteigende Lehrpersonen
- Laufende Optimierung der PH-Angebote für Teilzeitstudierende