Rasche Integration von Asylsuchenden und konsequente Wegweisung von abgewiesenen Personen: Das sind die obersten Ziele der im Juli 2020 in Kraft getretenen Neustrukturierung des Asylbereichs im Kanton Bern (NA-BE). Die GPK hat sich im Rahmen einer Wirkungsprüfung auf drei Bereiche konzentriert und untersucht, wie die spezifischen Integrationsziele, das Ziel zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und Freiwilligen, sowie die Ziele im Bereich Wegweisungsvollzug erreicht worden sind. Die Kommission hat dazu Unterlagen ausgewertet sowie eine schriftliche Umfrage bei verschiedenen Betroffenen und Anhörungen durchgeführt. Die Kommission begrüsst, dass so viele Zielvorgaben bestehen. Was deren Erreichung betrifft, fällt das Bild aus Sicht der Kommission allerdings durchzogen aus. Offen bleibt auch, ob die dank Effizienzsteigerungen erwarteten Einsparungen in der Höhe von sieben Millionen Franken erreicht wurden.
Kanton verpasst Vorgaben für Spracherwerb
Die Untersuchung der GPK hat gezeigt, dass die Integration von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen seit dem Start von NA-BE einen deutlich grösseren Stellenwert einnimmt als früher. Gemäss den Integrationszielen müssen sie drei Jahre nach ihrer Einreise ein anerkanntes Sprachdiplom des Niveaus A1 vorweisen. Dieses Ziel wird nicht erreicht. Klar ist dabei: Eine 100-Prozent-Quote lässt sich – zum Beispiel aufgrund fehlender Alphabetisierung – nie erreichen. Andere Ziele, wie die soziale Integration, sind schwer messbar. Aus diesem Grund empfiehlt die GPK dem Regierungsrat, dass er eine im nächsten Jahr ohnehin geplante Evaluation nutzt, um die Integrationsziele kritisch zu hinterfragen. Je nach Ergebnis soll sich die Regierung auf nationaler Ebene zudem dafür einsetzen, dass die landesweit standardisierten Ziele so angepasst werden, dass sie zwar ambitioniert, aber erreichbar sind.
Finanzielle Anreize für regionale Partner überprüfen
Eine Schwierigkeit bei der Beurteilung, ob und welche Ziele erreicht werden, stellt die ungenügende Datenqualität dar. Die Kommission empfiehlt dem Regierungsrat deshalb, das Informatiksystem des Kantons und der regionalen Partner besser aufeinander abzustimmen, so dass verlässlichere Aussagen zur Wirkung der Integrationsmassnahmen möglich sind. Das ist aus Sicht der Kommission auch darum wichtig, weil die Leistungsverträge mit den regionalen Partnern finanzielle Anreize für Integrationserfolge enthalten. Wie sehr diese Anreize wirksam sind, konnte die Kommission nicht abschliessend beurteilen. Um ein umfassenderes Bild zu erhalten, empfiehlt die GPK dem Regierungsrat, in der vorgesehenen Evaluation den Effekt dieser Anreize unter die Lupe zu nehmen und allenfalls Korrekturen vorzunehmen.
Stärkere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist kaum erkennbar
Um die Integration zu fördern, hat sich der Kanton mit NA-BE zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu intensivieren und die Freiwilligenarbeit stärker zu gewichten. Die GPK kommt zum Schluss, dass früher bestehende Elemente wie Job Coaches oder Freiwilligenkoordination dank NA-BE ausgebaut und professionalisiert worden sind. Gleichzeitig zeigt die Umfrage der GPK, dass die Wirtschaftsverbände im Vergleich zur Zeit vor NA-BE keine grundsätzliche Veränderung bei der Zusammenarbeit feststellen konnten. Die GPK empfiehlt, neuartige Angebote zu prüfen. Bei der Freiwilligenarbeit gibt es dagegen Anzeichen, dass NA-BE die Qualität der Zusammenarbeit verbessert hat. Allerdings hat die GPK festgestellt, dass nicht alle regionalen Partner gleich stark auf Freiwillige zurückgreifen. Dies obwohl im Detailkonzept und den Leistungsverträgen für alle regionalen Partner die gleichen Ziele gelten. Die GPK empfiehlt dem Regierungsrat zu überprüfen, warum es diese Unterschiede gibt und inwieweit sie sich auf die Erreichung der Integrationsziele auswirken.
Überprüfung und Aktualisierung von Zielen beim Wegweisungsvollzug
Mit ihren Empfehlungen zuhanden des Regierungsrates hat die GPK ihre Wirkungsprüfung abgeschlossen. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt kontrollieren, inwieweit der Regierungsrat die Empfehlungen umgesetzt hat.Was den konsequenten Wegweisungsvollzug betrifft, gibt es statistische Hinweise, dass die Ziele erfüllt wurden. Allerdings ergeben die Statistiken kein klares Gesamtbild. Die GPK empfiehlt dem Regierungsrat darum, auch da die Aussagekraft der Daten zu erhöhen. Obwohl im Detailkonzept des Regierungsrates festgehalten ist, dass mit NA-BE die Rückkehrberatungen vor Ort durchgeführt werden sollen, wird dieses Ziel nicht mehr verfolgt, da das ursprünglich geplante Rückkehrzentrum in Prêles vom Grossen Rat verworfen wurde. Rückkehrberatungen finden weiterhin ausserhalb der entsprechenden Zentren statt. Die GPK empfiehlt dem Regierungsrat deshalb, die entsprechenden Ziele im Detailkonzept zu aktualisieren. Zudem soll der Regierungsrat im Rahmen der geplanten Evaluation die Situation der Langzeit-Nothilfebeziehenden untersuchen lassen. Nach Auffassung der GPK ist es eine Tatsache, dass es Personen mit abgewiesenem Asylentscheid gibt, die über Jahre nicht ausreisen und stattdessen Nothilfe beziehen.
Mit ihren Empfehlungen zuhanden des Regierungsrates hat die GPK ihre Wirkungsprüfung abgeschlossen. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt kontrollieren, inwieweit der Regierungsrat die Empfehlungen umgesetzt hat.