Das Initiativkomitee «Elternzeit» reichte am 30. April 2021 die Initiative «für eine kantonale Elternzeit» ein. Sie ist mit 19'802 Stimmen zustande gekommen. In Form einer einfachen Anregung fordert sie die Einführung einer Elternzeit von 24 Wochen, um die Eltern bei der Entwicklung der Beziehung zu ihren Kindern zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und die Gleichstellung von Frau und Mann zu fördern.
Gültigkeit der Initiative bestätigt
Aufgrund einer vertieften Analyse kommt der Regierungsrat zum Schluss, dass die Initiative gültig ist: Sie wahrt die Gebote der Einheit der Form und der Einheit der Materie, ist durchführbar und mit übergeordnetem Bundesrecht vereinbar. Insbesondere steht den Kantonen eine Regelungskompetenz zu, wenn sie mit der Elternzeit einen bundesrechtlich nicht abschliessend geregelten öffentlichen Zweck verfolgen, wie beispielsweise die Gleichstellung von Mann und Frau oder den Kindesschutz.
Gute Rahmenbedingungen für Familien
Dem Regierungsrat sind gute Rahmenbedingungen für Familien ein wichtiges Anliegen. Grundsätzlich steht er deshalb auch der Einführung einer Elternzeit positiv gegenüber. Die Mitgliedstaaten der EU sind zur Gewährung von Elternzeit verpflichtet und auch in den Staaten der OECD ist sie seit langem etabliert. Studien zeigen positive Auswirkungen auf das Familienleben und die Gleichstellung der Geschlechter.
Einheitliche Regelung auf Bundesebene
Die Einführung von Elternzeit ist auch in den Kantonen Tessin, Baselland, Baselstadt und Waadt ein Thema, im Kanton Zürich lehnte die Stimmbevölkerung am 15. Mai 2022 eine entsprechende Volksinitiative ab. Nach Auffassung des Regierungsrates wird aber dem Anliegen mit einer einheitlichen nationalen Lösung besser Rechnung getragen als mit unterschiedlichen kantonalen Regelungen. Er hält es zudem für sinnvoll, das Ergebnis des Berichts des Bundesrates zum Postulat 21.3961 «Volkswirtschaftliches Gesamtmodell (Kosten-Nutzen) von Elternzeitmodellen» zu berücksichtigen.
Nicht finanzierbare Mehrkosten
Der Regierungsrat schätzt die jährlichen Bruttokosten einer Elternzeit von insgesamt 24 Wochen grob auf um die 200 Millionen Franken. Diese Mehrkosten können nur teilweise durch höhere Steuereinnahmen infolge einer gesteigerten Erwerbsquote und tiefere Sozialausgaben kompensiert werden. Damit die Initiative gültig umgesetzt werden kann, müsste in erster Linie die öffentliche Hand und damit voraussichtlich der Kanton dafür aufkommen. Angesichts der angespannten und unsicheren finanzpolitischen Lage will der Regierungsrat solche Mehrkosten nicht tragen.
Aus diesen Gründen beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat, die Initiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.